SYSTEMISCHER HALTUNG UND METHODIK

Was ist ein System?

Definition:
Ganzheitlicher Zusammenhang von Teilen, deren Beziehung untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen. Die Unterschiedlichkeit der Beziehungen konstituiert eine Systemgrenze, die System und Umwelt des Systems trennt.

Ursprung systemischer Haltung und Methodik

Die systemische Haltung und ihre Methoden kennzeichnen sich durch das Vereinen verschiedener theoretischen Richtungen über die Zeit. In Theorien mit verschiedenen Schwerpunkten fließen Ideen aus dem Strukturalismus, der Humanistischen Psychologie, der Kybernetik, des Konstruktivismus und der postmodernen Philosophie zusammen. Im Folgenden werden vereinfacht einflussreiche Ansätze beschrieben.

Folgende Prinzipien werden angenommen:

  • Prinzip der Homöostase: Systeme befinden sich immer in einem Gleichgewicht. Wird das Gleichgewicht durch einen Impuls von außen (z.B. eine Veränderung im Verhalten des Klienten) gestört, kommt es zunächst zu einem chaotischen Zustand, bevor sich das System wieder selbstregulierend in die Balance versetzt.
  • Prinzip der Synergetik: Das Verhalten des einen bedingt das Verhalten des andern (Haken 1988). Im Coaching wird versucht bestehende Systeme (alte Muster) in eine Phase der Instabilität zu bringen, in der Hoffnung, dass es im Anschluss selbstreguliert wieder in einen neuen Gleichgewichtszustand fällt.

Warum würde ich ein Coaching machen?

Ein Coaching nehme ich dann selber in Anspruch, wenn ich merke, dass ich immer wieder auf ähnliche innere Hindernisse stoße und deswegen daran gehindert werde meine Ziele zu erreichen. Aber auch wenn das Ziel nicht klar ist, konnte ich durch Coachings bisher immer wieder Struktur über meine Gedanken und Motive gewinnen.

Einflussreiche Merkmale systemischer Haltung und Methodik

Zirkularität (+ Hypothetisieren + Neutralität) (Mailänder Modell)
Zirkularität ist eine der wichtigsten Methode der systemischen Erkenntnistheorie. Sie äußert sich vor allem in einer bestimmten Fragetechnik. Die grundlegende Annahme hinter dieser Methode ist, dass Verhaltensweisen und Gefühle innerhalb eines sozialen Systems immer auch eine Funktion in Bezug auf wechselseitige Beziehungen haben. Durch die Fragetechnik gilt es diese kommunikativen Bedeutungen sichtbar zu machen.

Lösungsorientierung und Ressourcenorientierung (De Shazer)
Der Fokus in der systemischen Haltung liegt nicht, wie in vielen psychotherapeutischen Ansätzen auf der Analyse des Problems, sondern in der Lösungsfindung. Das bedeutet, dass angenommen wird, dass der Klient/die Klientin alle Ressourcen zur Lösungsfindung schon in sich trägt, diese aber im Moment der Lösungsfindung noch nicht hilfreich eingesetzt werden können. Durch ressourcenorientierte Fragetechniken (Fragen nach Ausnahmen und Abweichungen problematischen Verhaltens, Wunderfrage, Zielfragen etc.) versucht man die individuellen Ressourcen des Klienten zu identifizieren und auf die Lösung des aktuellen Themas anzuwenden.

Narrative Denkrichtung
Eine weitere Richtung ist der Meinung, dass Systemtheorie eher nicht angemessen ist, um menschliche und soziale Systeme zu verstehen. Im Gegenzug dazu, trügen Erzählungen (Narrationen) und bestimmte Sprachmuster besser zum Verständnis der Interpretation der Wirklichkeit des Klienten bei. Der Ursprung dieser Denkrichtung liegt im sozialen Konstruktionsimus. Hier geht man davon aus, dass es keine objektive Realität gibt, da Wirklichkeit im Dialog entsteht. Die Geschichten und Metapher, die ein Klient benutzt sind deswegen leitend für ein Coaching Gespräch. Sprachmuster werden bewusst gemacht und gezielt in Frage gestellt, sodass die vertraute Art die Wirklichkeit zu sehen unvertraut gemacht wird, um neue Handlungsperspektiven aufzuzeigen (White 1992 in Anlehnung an Bourdieu). Ein Coach ist somit immer nicht-wissend und „neugierig“ auf die Eigen-Logik des Klienten (Anderson und Goolishian 1992). Im Anschluss wird dann versucht durch das Durchspielen von möglichen Verhaltens-, Denk- und Fühlweisen im Dialog das Verhaltensrepertoire des Klienten zu erweitern.

Theorie der autopoietischen Systeme
Unter dieser Theorie versteht man das Übertragen von Kernthesen der biologischen Kognitionstheorie (Maturana und Varela) auf psychische und soziale Systeme. Man geht davon aus, dass lebende Systeme sich selbst erzeugen, regulieren und erhalten (beispielsweise eine menschliche Zelle reproduziert sich aus ihren eigenen Bestandteilen immer wieder).  Somit sind sie von außen nicht determinierbar (A kann nicht einseitig bestimmen, was B tun, erleben, oder denken möge). Im übertragenen Sinne bedeutet das, dass zunächst einmal alle Muster im Leben, Bewusstsein und der Kommunikation eines Klienten als für dessen Überleben nützlich angesehen werden (Luhmann 1988). Dies führt zu einer grundlegenden Wertschätzung und Akzeptanz und erklärt die wichtige Rolle der Autonomie – der Klient/die Klientin ist für jede Veränderung selbst verantwortlich.